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"Und es trat zu ihm einer von den Schriftgelehrten, der ihnen zugehört hatte, wie sie miteinander stritten. Und als er sah, daß er ihnen gut geantwortet hatte, fragte er ihn: Welches ist das höchste Gebot von allen? Jesus aber antwortete ihm: Das höchste Gebot ist das: »Höre, Israel, der Herr, unser Gott, ist der Herr allein, und du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele, von ganzem Gemüt und von allen deinen Kräften".
Markus 12, 28-30
Unser Herr Jesus war in mehrere Diskussionen mit den
Juden verwickelt. Von daher fragten die Schriftgelehrten ihn: „Welches ist
das höchste Gebot von allen?“ Jesu Antwort auf die Frage nach dem größten
Gebot beinhaltete nichts, was für Jüdische Ohren neu gewesen wäre. Er
erinnerte sie an die bekannten Verse aus dem Alten Testament (5.Mo 6,4+5),
wie Markus uns berichtet. Für Jesus war allerdings die Liebe zu Gott mehr
als nur ein Kult, als tote Gesetzeswerke und formale Buchstabentreue.
Gottesliebe bedeutet, Gott wirklich über alles andere zu stellen. Unsere
ganze Existenz, alles, was wir sind und haben, soll auf Gott ausgerichtet
sein, für ihn da sein und ihn ehren. Alles andere muss dahinter
zurücktreten.
Gott will der Erste und er will der Letzte sein in unserem
Leben. Ihm soll der erste Gedanke am Morgen gelten und der letzte am Abend,
und tagsüber soll sich nichts vor ihn schieben, was etwa wichtiger wäre als
unser Verhältnis zu Gott. Darüber hinaus sollte sich die Gottesliebe auch
ausdrücken in der Zeit, die wir ihm neben der alltäglichen Arbeit widmen.
Das heißt: In der Zeit für das Bibelstudium, für das Gebet und für den
Gottesdienst. Auch der Einsatz von Kraft, Geld und Gaben für die Sache
Gottes gehört dazu. Das alles sind hohe Forderungen und wir merken sehr
schnell: Keiner von uns kann dieses Gebot erfüllen. Der jüdische
Schriftgelehrte konnte es nicht, Paulus und Luther mussten bekennen, dass
sie im Lichte des Gesetzes elende Menschen waren, und auch keiner von uns
wird Ja sagen können, wenn Gott ihn fragt, ob er ihn wirklich so liebt, wie
es das Gebot fordert. Die Liebe zu Gott ist also mehr als ein Gedanke oder
eine Herzenshaltung. Sie zeigt sich selbstverständlich auch im praktischen
Vollzug, d.h. im Tun des göttlichen Willens, wie er uns in den "Zehn
Geboten" geoffenbart ist.
Die Gebote, die sich auf den Nächsten
beziehen, lassen sich zusammenfassen im Gebot der Nächstenliebe (Mk. 12,31).
Der Nächste steht deswegen im Interesse Gottes, weil Gott sein Leben gewollt
hat und auch ihn geschaffen hat und ihn liebt. Jesus stellt die
Nächstenliebe direkt neben die Gottesliebe. So gestaltet sich die Liebe zu
Gott auch in der Nächstenliebe. Jesus hat uns im Gleichnis vom Barmherzigen
Samariter ein Beispiel solcher Nächstenliebe gegeben (Lk. 10, 25-37).
Wir sollten darauf bedacht sein, den Nächsten zu
lieben wie uns selbst (Mt. 19,19), also dem Nächsten Gutes zu tun,
freundlich zu sein und Frieden zu halten. Auch das ist eine hohe
Anforderung, angesichts derer unser abgründiger Egoismus aufgedeckt wird.
Unsere Ichbezogenheit hindert uns daran, um des eigenen Vorteils
willen die gebotene Liebe zum Nächsten zu praktizieren, und somit mißachten
wir den Willen Gottes in seinem Gesetz.
Gäbe es keinen Ausweg aus dem Elend unseres selbstbezogenen Wesens, so bliebe uns nichts anderes als das Verdammungsurteil Gottes. Nun aber "gibt es keine Verdammnis für die, die in Christus Jesus sind" (Röm. 8,1). Gott sei auf ewig Dank gesagt für das Evangelium (frohe Botschaft) von der Gnade Gottes in Christus!
Gott sagt durch den Propheten Hosea: „Denn ich habe
Lust an der Liebe und nicht am Opfer, an der Erkenntnis Gottes und nicht am
Brandopfer“ (Hos 6,6). Damit hebt er das Verhältnis zu seinem Volk heraus
aus dem bloß formalen Gesetzesgehorsam, der sich in religiösen Werken
ergeht, aber jenseits aller rechten Erkenntnis Gottes steht.
Gott will, dass wir seine Liebe erkennen, die doch gerade darin besteht, dass er uns mit all unseren Gebrechen und unserer Sündhaftigkeit erwählte, uns zu seinem Bundesvolk machte, uns zusagte, von Generation zu Generation unser Gott zu sein, uns die Vergebung unserer Sünden zusprach und uns durch den Glauben die Gerechtigkeit Christi zurechnete.
Die Liebe zu Gott kommt also aus der rechten Erkenntnis Gottes in Christus Jesus, auf den wir im Glauben schauen. Jesus nimmt dieses Wort des Hosea auf und sagt: „Ich habe Wohlgefallen an Barmherzigkeit und nicht am Opfer’. Ich bin gekommen, die Sünder zu rufen und nicht die Gerechten“ (Mt. 9,13). Damit verwandelt Jesus die Forderung, die Gott an uns stellt, in das Evangelium. Er zeigt uns, dass Gott uns gerade bei all unserer Sündhaftigkeit liebt, und offenbart darin seine Herrlichkeit (vgl. Joh.2,11).
Gott sandte seinen Sohn, er opferte ihn als Sühne für unsere Sünden an unserer Stelle, die wir ganz und gar verdorben sind und in denen der Unglaube und die Feindschaft gegen Gott tief verwurzelt sind. Damit sind wir in Jesus vor Gott ohne die Werke, die das Gesetzt fordert, gerechtfertigt, allein durch den Glauben, durch den uns die Gerechtigkeit Jesu zugerechnet wird (Röm. 3,28).
Es ist eine traurige Tatsache, dass es manche gibt, die in ihrem Herzen verzweifelt sind, weil sie wissen, dass sie den Ansprüchen Gottes nicht genügen, und sich darum von Gott abwenden. "Der Weg Gottes ist ihnen zu schwer." Es ist ihnen nicht bekannt, dass Gott den Sünder liebt und für ihn seinen Sohn gesandt hat. Niemand hat ihnen das Evangelium erklärt. Deshalb ist es so wichtig, dass das Evangelium gepredigt wird, dass unser Herr Jesus gekommen ist, um alle Forderungen Gottes hinsichtlich der Gottes- und der Nächstenliebe zu erfüllen. "Wie sollen sie aber an den glauben, von dem sie nichts gehört haben?"(Röm. 10,14).
In dieser doppelten Erkenntnis, in der Einsicht, dass Gott allein gerecht ist und wir vor ihm nur verlorene Sünder sein können, die seiner hohen Forderung auch nicht im Entferntesten entsprechen, und in der Einsicht, dass Jesus mit seiner Tat Gottes Forderung vollständig erfüllt hat, und im Vertrauen auf die Zusage Gottes, dass er dem Menschen, der zu ihm kommt und ihn anruft, das Heil aus freier Gnade schenkt, ihm die Sünden vergibt und die Gerechtigkeit Jesu Christi zurechnet – darin steht das Heil und die Teilhabe am Reich Gottes. Sie macht einen Menschen trotz aller Sünde zum Christen, und sie macht Gott zu dem Gott, der er wirklich ist, und den man darum von Herzen liebt. Wie dankbar dürfen wir dafür sein, dass Gott uns vor Grundlegung der Welt erwählt hat und uns zu seinem Sohn gezogen hat! Welch ein Gnadengeschenk, für das wir ihn in alle Ewigkeit preisen!
Herzliche Segenswünsche
Euer / Ihr
Frank Bernhardt