Aktuell
Darum, wie der Heilige Geist spricht (Psalm 95,7–11): „Heute, wenn ihr seine Stimme hören werdet, so verstockt eure Herzen nicht, wie es geschah bei der Verbitterung am Tage der Versuchung in der Wüste, wo mich eure Väter versuchten und prüften und hatten doch meine Werke gesehen vierzig Jahre lang.“
Hebräer 3,7-9
Liebe Geschwister und Freunde!
Nachdem der Apostel des Hebräerbriefes klargestellt hat,
dass Jesus Christus höher als Mose und der Herr aller Dinge ist, widmet er
sich wieder dem Problem zu, das er bei seinen Adressaten sieht. Sie stehen
aufgrund des Verfolgungsdruckes in der Gefahr, ihren Glauben an Jesus
Christus preiszugeben und sich wieder dem jüdischen und vielleicht auch
einem heidnischen Kult und den entsprechenden Lebensformen anzupassen. Es
ist ausgesprochen vielsagend, dass der Apostel die Gemeinde Jesu vergleicht
mit dem alttestamentlichen Gottesvolk, dem Volk Israel in den Jahren der
Wüstenwanderung.
Wir erinnern uns, dass Mose zwölf Kundschafter in das
Land Kanaan geschickt hatte, um die dortigen Verhältnisse auszuspionieren.
Die Männer waren beeindruckt von den Lebensmöglichkeiten im Land, aber sie
verkündeten bei ihrer Rückkehr, dass die dort wohnende Bevölkerung zu stark
sei, so dass das Volk Israel sie nicht besiegen könnte. Die Reaktion des
Volkes war Betroffenheit und Wut (4.Mose 14,1-4). Es war nicht das erste
Mal, dass die Israeliten gegen Gott aufbegehrten. Sie hatten wieder und
wieder gemurrt, und Gott hatte ihnen stets gegeben, was sie brauchten. Aber
das alles führte sie nicht zu der Einsicht, dass Gott ihnen auch das Land
geben würde, das er ihnen zugesagt hatte. Die Folge war, dass die
Wüstenwanderschaft sich über vierzig Jahre hinzog, bis die Generation des
Unglaubens in der Wüste aufgerieben war.
Der Apostel des Hebräerbriefes
will uns damit sagen, dass so, wie die Israeliten damals auf dem Weg waren
in das verheißene Land, wir als Gotteskinder ebenfalls auf dem Weg sind in
die Gottesruhe, wovon wir im 4. Kapitel ausführlich hören. Das Volk Israel
war der Sklaverei in Ägypten entkommen und somit frei. Aber sie waren immer
noch in der Wüste und noch nicht im verheißenen Land angekommen und somit
noch auf dem Weg. Ebenso sind auch wir auf dem Weg in die neue Welt, die
Gott uns als seine Kinder verheißen hat.
Dieser Weg ist zweifellos ein
gefährlicher, auf dem manche Versuchungen lauern, die uns vom rechten Weg
abbringen wollen. Davor warnt uns hier der H. Geist. Auch der Apostel Paulus
nimmt in seinem Brief an die Korinther auf die Wüstenwanderung Bezug (1.Kor
10,1-5). Wir sehen an diesen Worten sehr deutlich, dass allein die äußere
Zugehörigkeit zum Volk Gottes nicht dasselbe ist, wie im Glauben
gerechtfertigt zu sein. Wir sehen auch, wie Gott seine Gnadengaben in
breiter Form austeilt, so dass alle im Volk Zugang zu ihnen haben. Aber
viele der Israeliten nahmen Gottes Gaben nicht im Glauben an.
Sie
starben in der Wüste. Von den zwölf Kundschaftern waren es nur Josua und
Kaleb, die dem Unglauben des Volkes widersprachen und darauf verwiesen, dass
Gottes Zusagen, ihnen das
Land zu geben, nach wie vor galten. Das ungläubige Volk
wollte daraufhin die beiden
steinigen. Daran zeigt sich doch: Der Unglaube duldet
keinen Widerspruch und findet sich leider auch in der Gemeinde Jesu. In
solchen Situationen der Versuchung besteht die Gefahr, sich der
Glaubenslosen Allgemeinheit anzupassen und Denk- und Lebensformen, die man
einst verworfen hatte, wieder aufzunehmen.
So hat z.B. mancher Christ in
den letzten Jahren seine Meinung zum Katholizismus geändert. Hielt er ihn
ehemals für eine Irrlehre, von der er sich distanziert hatte, so hat er
heute keine Probleme, mit Katholiken zusammen zu evangelisieren. Doch hier
in den Versen heißt es: „daß nicht jemand unter euch verstockt werde durch
den Betrug der Sünde“, so wörtlich. Das bedeutet: Die Sünde hat eine
gefährliche Seite, die verlockend zu uns spricht: „Pass‘ dich doch an, dann
hast du es leichter, dann bist du akzeptiert“. So rühmt sich unsere
Gesellschaft, die in heidnische Lebensformen zurückgefallen ist, ihrer
Liberalität und hält die christliche Gesinnung für ewig gestrig. Sie ist
jedoch nichts anderes als ein Gutheißen der Sünde in ihren verschiedenen
Ausprägungen und darum eine stetige verlockende Gefahr für uns.
Diesem
Denken und Handeln stellen unsere Verse das "Heute" der Rede Gottes
entgegen.
Das Zitat aus dem 95. Psalm nimmt damit auf die oben
beschriebene Begebenheit auf der Wüstenwanderung des Volkes Israel Bezug.
Wir erinnern uns, dass Gott mit seinem Volk immer wieder Geduld hatte, ihm
seine Boten sandte und es zur Umkehr rief. Damit war das jeweilige "Heute"
die gute Zeit, umzudenken und wieder auf Gottes Wort zu hören, vor allem
aber, den Zusagen Gottes zu glauben und an diesen festzuhalten. "Heute" –
das ist für uns die Zeit der Gnade, die Zeit zwischen der Himmelfahrt und
der Wiederkunft Jesu Christi.
In Hebr 3,14, heißt es: „…wir haben an
Christus Anteil bekommen, wenn wir die Zuversicht vom Anfang bis zum Ende
festhalten.“ Das Wort, das hier für Zuversicht steht, findet sich auch in
Hebr. 11,1, wo der Glaube bestimmt wird als eine "feste Zuversicht auf das,
was man hofft und ein Nichtzweifeln an dem, was man nicht sieht", Luther hat
diesen Begriff mit Zuversicht übersetzt und damit das eigentlich
Evangelische Verständnis dessen geschaffen, was Glaube eigentlich ist: eine
feste Zuversicht. Doch das Wort sagt noch mehr. Die unsichtbare
Wirklichkeit, auf die der Glaube steht, ist gerade im Glauben gegenwärtig,
und weil diese unsichtbare Wirklichkeit wahr und gewiss ist, ist es auch
ihre sichtbare irdische Gestalt, eben der Glaube. Der Glaube / die
Zuversicht lebt also von der Gewissheit dessen, was uns im Evangelium
verheißen wird. Auf diese feste, aber unsichtbare Wirklichkeit wollen wir
unseren Blick richten: auf Jesus Christus.
Damit wird das in Christus
erfüllte "Heute", an dem wir die Stimme Gottes hören, die uns auf Jesus
Christus weist, den Anfänger und Vollender unseres Glaubens, durch Gottes
Wort zu einem Jahr unter der erneuten Besinnung auf den Reichtum der Gnade
Gottes und die Hoffnung, die wir in Christus haben. So können wir wohlgemut
in das vor uns liegende Jahr gehen, was da auch kommen mag, sei es
politisch, wirtschaftlich usw., in der Gewissheit, dass wir fest in der Hand
unseres Herrn stehen und er uns durchtragen wird bis zum Ziel ewiger
Herrlichkeit.
Herzliche Segenswünsche für das neue Jahr.
Euer / Ihr
Frank Bernhardt